Liebe Enkelin,
du bekommst Post von mir. Richtig! Es ist wieder Weltfrauentag, der 8.03.2024. Diesmal erzähle ich dir von meiner Mama, deiner Urgroßmutter Sieglinde Maria.
Ihr hättet euch bestimmt gut verstanden, wahrscheinlich sogar geliebt. Warum? Meine Mama hat sehr, sehr gerne gebastelt und gewerkelt. Du hättest schon ihren Keller bewundert. Da standen Regale mit vielen, vielen Schachteln. Alle waren beschriftet nach den Bastelmaterialien, die darin aufbewahrt wurden. Da hättest du Schätze finden können.
Sie strickte und nähte, was das Zeug hielt. Alles sah so schön und passend aus. Ich liebte ihre Pullover, die sie für mich kunstvoll strickte.
Meine Mutter hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Sie arbeitete als Handarbeitslehrerin an einer Grund- und Hauptschule. Das war nicht selbstverständlich. Damals arbeiteten Frauen nur, wenn alle in der Familie Geld verdienen mussten, damit die Familie über die Runden kam. Mein Vater konnte oft nicht verstehen, warum es ihr so wichtig war, zu arbeiten. Er meinte, sie könne es sich doch zu Hause gemütlich machen.
Sie war eine gute Köchin. Am liebsten kochte sie für Gäste. Sie hat tolle Menüs gezaubert.
Meine Mutter hat oft verzweifelt gegen die Uhr angekämpft. Das war eine ihrer liebenswertesten Eigenschaften, aber auch eine ihrer frustrierendsten. Kaum hatte sie sich zum Beispiel zum Einkaufen fertig gemacht, packte sie mich an der Hand und zog mich hinter sich her. Das war für mich sehr anstrengend. Meine Beine waren lange Zeit kürzer als ihre. Ich kam kaum hinterher und fühlte mich richtig getrieben.
Manchmal war sie erschöpft. Dann ging sie einer anderen Leidenschaft nach. Sie las gerne Bücher.
Leider starb sie mit 54 Jahren. Das macht mich immer traurig. Ich hätte sie gerne noch eine Weile bei mir gehabt. Vielleicht hat sie geahnt, dass ihre Lebenszeit so begrenzt ist. Ob sie deshalb so viel in einen Tag gepackt hat? Wer weiß!
Viele Grüße, deine Oma Regina
