The Great Northern – Woche 4

Auf Manitoulin Island gefällt es uns sehr gut. Außerdem sind wir etwas reisemüde, so dass wir uns für zwei Tage in einem Tiny House direkt am Lake Huron einquartieren. Schaut mal, wie schön es hier ist.

Bevor wir es beziehen, machen wir einen Ausflug nach Wikwemikong. Hier verwalten die „First Nation“ ein ganzes Stück Land. Sie sind stolz darauf, dass sie hier keine ihrer Rechte an irgendein Land oder eine Nation abgetreten haben. Sie sagen von sich, dass sie über das Wasser, die Luft und das Land einschließlich der Insel herrschen, so wie es ihre Vorfahren immer getan haben.

Sogar die Straßenschilder sind in ihrer Sprache geschrieben. Das berührt uns sehr. Wir sind jetzt wochenlang durch Gebiete gefahren, in denen wir die „First Nation“ nicht wirklich gesehen haben. Hier machen sie deutlich, dass sie die Häuptlinge sind.

Einen Tag die Seele baumeln lassen, das genieße ich sehr. Peter wandert alleine und ist begeistert von dem Cup and Saucers Trail und den Bridal Falls und Westen der Insel!

An den zwei Tagen im Tiny House kochen wir gesundes Mischgemüse mit schwarzem Naturreis. Das schmeckt! Abends buchen wir die nächsten Unterkünfte. Auch das klappt erstaunlich gut (dauert mir manchmal zu lange😉). Pünktlich zum Sonnenaufgang wachen wir auf. Den kann ich direkt vom Bett aus genießen.

Ganz entspannt starten wir unsere heutige Langstrecke (450km) über Espagnola, Sudbury in Richtung Algonquin Park, einem der ältesten Parks Kanadas. Unterwegs beschließen wir spontan, in Parry Sound einen letzten Blick auf den Huronsee zu werfen.

Es wird ein langer. Hier starten Rundflüge mit kleinen Wasserflugzeugen über die Georgian Bay mit ihren 30.000 Inseln.

Das Flugwetter könnte nicht besser sein. Also gönnen wir uns dieses einmalige Vergnügen. Isabelle, unsere Pilotin, tankt auf, dann werden wir mit Schwimmwesten ausgestattet und in die Sicherheitsbestimmungen eingewiesen.

Isabelle fliegt souverän über die Inselwelt und erklärt uns, was wir sehen! Ein Paradies aus vielen kleinen und größeren Inseln, vielen Sommerhäuschen und schicken Villen mit Swimmingpool und Tennisplatz – und natürlich Bootsstegen. Ein Restaurant ist nur per Boot oder Flugzeug zu erreichen. Wir sind verzaubert. Bullerbü in Groß. Was für ein Paradies.

Der Algonquin Park hatte mir vorher Angst gemacht. Nicht die Bären und Elche machten mir Sorgen, sondern die kleinen und großen Mücken. Angeblich meiden die Kanadier und Kanadierinnen deshalb im Mai/Juni die Wälder. Deshalb wollte ich ursprünglich nicht in den Park.

Das Wetter ist sonnig und so genieße auch ich unsere Fahrt! Es gibt Broschüren zu allen Wanderwegen. Offensichtlich legt man hier großen Wert darauf, dass man beim Wandern schlauer wird. Auf unseren vier (!) Wanderrouten, wir sind fleißig, lernen wir viel über Flora, Fauna, Bodenbeschaffenheit, Umweltverschmutzung, Geographie, Geologie, Erdgeschichte etc.

Mitten im Park gibt es sogar ein Café mit echtem Cappuccino und Apfelkuchen mit Eis. Sehr lecker! Ich muss zugeben, der Tag im Algonquin Park war einfach toll. Fast hätte ich es vergessen: Peter badet in einem See und wir treffen einen Elch am Straßenrand.

Unsere Übernachtung ist speziell. Wir schlafen in einem ehemaligen „Schoolhouse“. Als wir ankommen, ist das zugehörige Restaurant im Begriff zu schließen. Zum Glück verwöhnt uns unsere Landlady Eva dennoch mit ungarisches Krautwickel. Das ist nach dem Wandern einfach super. 

Nach Wäldern, Seen und Himmel wohnen wir nun in Ottawa in einem netten Hotel in der Altstadt. Von unserem Balkon aus sehen wir den Parliament Hill. Wir machen einen Spaziergang dorthin, überqueren den Ottawa River und besuchen das Canadian Museum of History.

Auch hier lernen wir viel:

  • Die große Halle der Kultur der „First Nation“ ist den Ureinwohnern der Westküste gewidmet.
  • In der „Canadien Hall“ auf der nächsten Ebene empfängt uns eine Zeitreise. Sie beginnt mit der Besiedlung vor der letzten Eiszeit (ca. 18.000 Jahre zurück), folgt der Ankunft der Wikinger um 1000 n. Chr. und beschreibt die kanadische Geschichte bis heute.
  • Im Obergeschoss stehen berühmte Persönlichkeiten der letzten Jahre im Mittelpunkt.

Zum Glück schließt das Museum um 17.00 Uhr. Das „Rib Fest“ in der Sparks Street erwartet uns. Die ganze Straße riecht nach „Schweinereien“. Es ist eine Mordsgaudi. Verschiedene Teams grillen Schweinerippen und Würste und es raucht gewaltig.

Nach dem Trubel der Sparks Street genießen wir die Abendstimmung und die Aussicht rund um den Parliament Hill.

In Ottawa bildet der Ottawa River die Grenze zum französischsprachigen Teil Kanadas. Das merken wir auf der Weiterfahrt an den Straßenschildern. Auf dem Stoppschild steht jetzt „Arrêt“. Unser Weg nach Montréal führt uns immer am Ottawa River entlang. Das Château Montebello lassen wir uns nicht entgehen. Dieses 5-Sterne-Hotel, ein überdimensionales Blockhaus, liegt zwischen altem Baubestand wunderbar am Ottawa River.

Im Park befindet sich auch das ehemalige Wohnhaus des Politikers Louis-Joseph Papineau.

Er war der radikale Führer der Frankokanadier vor dem erfolglosen Aufstand gegen die britische Regierung im Jahr 1837. Sowohl im Hotel als auch im Wohnhaus von Papineau könnte man gut übernachten. Aber wir wollen weiter.

Im Ort Montebello sind einige historische renovierte Häuser zu sehen.

Magisch angezogen sind wir jedoch von einer Käserei, die mit ihrem Käseangebot einem gut sortierten französischen Supermarkt Konkurrenz machen könnte. Dort wird auch der Mozzarella hergestellt, der in der Poutine landet. Poutine gibt es auch in der Käserei selbst und wir lassen es uns natürlich schmecken. Wie immer teilen wir uns eine Portion. Spätzle mit Soße oder Kässpätzle sind uns zwar lieber, aber die Poutine schmeckt „okay“.

An diesem Samstag sind viele Ausflügler unterwegs. Wer bei diesem Wetter zu Hause bleibt, ist selbst schuld. Die Fahrt nach Montréal verläuft gut. Wir wohnen in einem zauberhaft eingerichteten AirBnB im Quartier Latin, dem Studentenviertel.

Wir spazieren in die Altstadt. Mit dem Riesenrad, der „Grande Roue“, verschaffen wir uns einen ersten Überblick über die Stadt.

Am nächsten Tag findet die „Tour de l’île de Montréal“ statt. Jedes Jahr im Frühling führen mehrere Fahrradrouten durch die Stadtviertel. Der Autoverkehr bleibt draußen (autofreier Sonntag). Es geht nicht ums Gewinnen, sondern darum, in gemächlichem Tempo die Stadt zu genießen. So sehen auch die Radfahrerinnen und Radfahrer aus! Tausende radeln entspannt an uns vorbei.

Auch durch Vieux-Montréal schlendern wir gemütlich.

Dann geht es aufs Wasser und wir schippern mit einem Ausflugsschiff auf dem Sankt-Lorenz-Strom ein Stück in Richtung Atlantik. Wir erfahren, dass Montréal den größten Binnenhafen der Welt hat.

Viele Sehenswürdigkeiten kann man vom Schiff aus entdecken, die Skyline, den Mont Royal, die Jacques-Cartier-Brücke (Entdecker Kanadas, geb. 1491), Habitat 67 (von Moshe Safdie anlässlich der Expo 1967 erbaut), das Olympia-Viertel, das Riesenrad mit der Vergnügungsmeile am Kai, den gigantischen Vergnügungspark La Ronde und vieles mehr.

Da wir „Latscher“ sind, wandern wir nach der Rundfahrt gleich auf den Mont Royal. Noch ein Blick von oben lohnt sich.

Auf unserem Spaziergang locken uns schon von weitem Trommeln. „Tam-Tams“ ist eine sonntägliche Veranstaltung am Georges-Étienne-Cartier-Denkmal. G.-É. Cartier (geb. 1814) war es als Politiker ein Anliegen, das französischsprachige Québec mit dem englischsprachigen Kanada zu versöhnen. Hunderte von Trommlern und Trommlerinnen versammeln sich hier jeden Sonntag. Dieses Ereignis verkörpert für Montréal Vielfalt und Gastfreundschaft.

Wir sind begeistert von dieser Stadt. Was für entspannte Menschen wir hier erleben! Aber jetzt haben wir Durst und Hunger. An einer Ampel fragen wir eine „Einheimische“, die uns netterweise zu einem Lokal namens „Auprès de ma Blonde“ (was Peter sehr amüsiert) mit Terrasse im Hinterhof begleitet. Wunderbar!

Südlich von Montreal empfängt uns unsere US 2 wieder. Problemlos reisen wir in die USA ein. Der Lake Champlain – Champlain (geb. 1574) entdeckte die Inseln – mit seinen 80 Inseln zieht sich von Norden nach Süden. Die Inseln reihen sich wie Perlen auf einer Kette aneinander an. Die größeren Inseln sind durch Brücken miteinander verbunden.

Das Wetter ist herrlich, alles grünt und blüht und fröhlich rollen wir Richtung Burlington. In North Hero halten wir bei Hero‘s Welcome. Hier gibt es alles – sogar Zahnseide: vor allem aber den lang ersehnten Cappuccino und ein Sandwich. Ein Sandwich ist nach Bernie Sanders benannt, er wohnt hier ganz in der Nähe. Draußen kann man auf Bänken die eigene politische Gesinnung bekunden, rot für Republikaner, blau für Demokraten. Misstrauisch beäugen wir unsere Sitznachbarn.

In South Hero gibt es am Lake Champlain ein Strandbad, dem auch Peter nicht widerstehen kann!

Aber dann fahren wir über Winooski zum Ethan Allen Homestead Museum. Wir kommen zu spät, es ist schon geschlossen. Der kleine Spaziergang drum herum, hinunter zum Winooski River und durch die Gärten, ist jedoch zauberhaft. Wir übernachten in der Nähe. Burlington kommt erst morgen dran.

Empfehlenswerte Unterkünfte:

Fotogalerie:

Tag 24-25: Georgian Bay-Algonquin PP

Tag 26-27: Ottawa-Montebello

Tag 27-29: Montréal

Tag 29-30: Vermont-New Hampshire

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