“Tradwives”

Kinder und Beruf zu vereinen ist auch 2021 eine große Herausforderung. 

Ich wurde während meines Studiums schwanger. Damit ich und Peter weiter studieren konnten, hatten wir private Krabbelgruppen ins Leben gerufen. 

Ziel für mich war immer, mein Studium abzuschließen und danach so lange zu arbeiten und soviel zu verdienen, dass ich auch im Alter ausreichend für mich selbst sorgen kann. Das hat geklappt.

Ich selbst stieg erst richtig in meinen Beruf ein, als unsere Kinder 10 und 12 Jahre alt waren. Davor war ich Minijobberin in einer Wäscheboutique und arbeitete als Honorarkraft in meinem erlernten Beruf. Die Möglichkeiten der Kinderbetreuung waren zum damaligen Zeitpunkt gering. Ganztagesschule und Hortangebote waren nicht oder nur im geringen Umfang vorhanden. Das bedeutete, dass ich zunächst im Modell der „männlichen Versorgerehe“ landete. Ich war für den Haushalt und die Kinderbetreuung zuständig und Peter ging der Erwerbsarbeit nach. Da es wenig öffentliche Angebote der Kinderbetreuung gab, fand die Betreuung im Privaten statt. *

Was hat sich in der Zwischenzeit geändert?

Im Großen und Ganzen gibt es neben o.g. Modell drei weitere Modelle:

  1. Frau und Mann gehen beide voll einer Erwerbstätigkeit nach und die Kinderbetreuung wird von institutioneller Seite übernommen wie Ganztagesbetreuung in der Krippe oder im Kindergarten und später in der Schule.
  2. Frau und Mann gehen ebenfalls einer Erwerbstätigkeit nach, jedoch beide mit reduzierter Stundenanzahl, z.B. beide 75% einer Vollzeitbeschäftigung. Damit kann die Kinderbetreuung auch noch zu einem bestimmten Anteil zuhause übernommen werden, jedoch zu gleichen Teilen von beiden Elternteilen.
  3. Die Frau reduziert ihre Vollzeitstelle und der Mann bleibt weiter zu 100% beschäftigt. Durch die Reduzierung ist es möglich, Engpässe in der staatlichen Kinderbetreuung besser zu kompensieren. 

Wie sieht es im Moment aus (Zahlen von 2018, zitiert im Artikel von Sandra Markert in der Stuttgarter Zeitung vom 25. Januar 2021)

  • 76 % aller Frauen im Alter von 20 – 64 Jahren sind erwerbstätig. (Männer: 84 %)
  • 47 % davon arbeiten in Teilzeit. (Männer 11%)
  • Sind minderjährige Kinder im Haushalt, übernehmen hauptsächlich Frauen die Betreuung und arbeiten in Teilzeit.
  • Auswirkung auf die Rentenansprüche: Bis zum Alter von 35 Jahren gibt es keine großen Unterschiede bei den gesetzlichen Rentenansprüchen. Im Rentenalter erhalten Frauen 26 % weniger Rente.

Ein gleichberechtigtes Rollenmodell gibt es immer noch nicht. Frauen ziehen den Kürzeren, sobald die Ehe nicht klappt. Oft ist Altersarmut die Folge.

Tradwives: Offensichtlich gibt es zudem eine Rückbesinnung zum traditionellen Hausfrauenmärchen. Frauen putzen gerne, kochen, gärtnern, bügeln und halten dem Mann den Rücken frei. Daneben betreuen sie mit Hingabe ihre Kinder. Ein Vertreterin von diesen “Tradwives” ist Alena Kate Pettitt. Gestern verbrachte ich den Nachmittag damit, einige Youtube Videos von ihr anzusehen.

Ich war entsetzt. Im besten Fall könnte ich mich der Autorin Sandra Markert anschließen und sagen, die Carearbeit wird nicht ordentlich gewürdigt und finanziell honoriert. Darauf wolle Petit & Co aufmerksam machen. Im schlechtesten Fall gibt es bei der”Tradwife” Bewegung Schnittstellen zum Rechtsradikalismus mit dem Aufruf “Frauen zurück an den Herd”. Wie dem auch sei, wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Wenn ich dem Geplapper von Alena Kate Pettitt zuhöre, graut es mir, wie unpolitisch sie die Welt wahrnimmt, Werte verkauft und alles mit ihrem “Girly-Getue” ummantelt.

Im Moment wird die Carearbeit in Deutschland mit dem Elterngeld und mit Rentenpunkten (Rentenpunkte für die 3 ersten Lebensjahren des Kindes) gewürdigt. Falls die institutionelle Kinderbetreuung nicht klappt, ist das wenig. Zu Zeiten von Corona funktioniert zum Beispiel die institutionelle Kinderbetreuung nicht ausreichend. Es gibt meist eine Notbetreuung, sofern beide Elternteile in systemrelevanten Berufen arbeiten.

Mir geht es um die Diskussion und Umsetzung von fairen Arrangements in der Familie unter Miteinbeziehung von Politik. Jetzt zu Coronazeiten ist gut zu sehen, wie Eltern alleingelassen werden. Die Politik hat weder die Paare noch die Kinder ausreichend im Blick.

Meiner Meinung nach lohnt es zu kämpfen, damit Kinder und Eltern zu ihrem Recht kommen. Wie seht ihr das? Ich würde mich über eine gemeinsame Diskussion freuen – gerne über die Kommentarfunktion!

* Unser Sohn wies mich darauf hin, dass in Einzelfällen der Mann zu 100% die Carearbeit übernimmt.

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