The Great Northern – Woche 2

Auf der langen Etappe durch Montana wechseln sich Getreidefelder mit Weideland ab. Teilweise sind die Felder noch unbestellt, teilweise zeigt sich das erste flaumige Grün. Der grandiose Himmel wölbt sich über uns, nicht umsonst trägt Montana den Beinamen “The Big Sky Country“!

In den Dörfern nach Havre finden wir nicht einmal ein Diner zum Frühstück. Erst in Malta werden wir fündig. Hitchin‘ Post entdecken wir am Straßenrand. Hier gibt es ein reichhaltiges Frühstück zu einem vernünftigen Preis. Unser Frühstück besteht aus Hash Browns mit Omelette. Hash Browns sind fein gehobelte Kartoffeln, die braun gebraten werden.

Satt und zufrieden starten wir eine kleine Tour durch das Bowdoin National Wild Life Refuge, einem Altarm des Missouri Rivers. Wir sehen Pelikane, Fasane und Enten inmitten der hier noch „ursprünglichen“ Prärie. Ach, wie schön ist es hier. Und immer wieder dieser unendliche Himmel, in dem wir uns ganz aufgehoben fühlen.

Kurz vor der Grenze zu North Dakota wurde Fort Union restauriert, das nie ein Fort war, sondern die wichtigste „Trading Post“ am Zusammenfluss von Yellowstone River und Missouri. Von 1828 bis 1867 wurde hier der Pelzhandel erfolgreich abgewickelt.

Die lange Fahrt über die Great Plains haben uns müde gemacht und wir machen in Williston für heute Schluss. Am nächsten Tag beginnt unsere Reise durch North Dakota.

Hinter Williston fasziniert uns das restaurierte Epping. Einige Häuser wurden originalgetreu wieder aufgebaut. Es wirkt verlassen, alles hat geschlossen. Erst am Memorial Day wird Epping wieder Gäste empfangen.

Die US2 führt hier durch Erdöl-Fördergebiet. Die mächtigen Pumpen und Gasfackeln wirken gespenstisch.

In Ross besuchen wir ein Kuriosum: die älteste Moschee – seit 1920 – der USA. Sie steht mit ihrer kleinen Kuppel inmitten einer weite Fläche von Grasland, am Horizont sind die Getreidesilos und die Hundekopfpumpen der Ölquellen zu sehen. Die Zahl der praktizierenden Muslime in und um Ross ist heute gering. Allerdings wird gesagt, dass die Nachkommen der muslimischen Siedler North Dakotas, von denen viele heute Christen sind, durch die Pflege und den Besuch der Moschee und des kleinen Friedhofs die Erinnerung an ihre Vorfahren und die Tradition des Zusammenlebens wachhalten. Die Moschee ist ein schönes Beispiel für das friedliche Zusammenleben der Religionen und steht im Gegensatz zu der Hetze, der Muslime in den USA heute oft ausgesetzt sind.

Der Dakota Drug Store in Stanley überrascht uns mit der einzigen noch funktionierenden „Whirl-a-Whip-Milkshake-Machine“.

Eine Kaffeepause und ein Stadtbummel sind in Minot fällig! Pausen sind wichtig – die Strecke zieht sich! In 3 Tagen fahren wir fast 1000 Meilen, 1600 km durch die Great Plains.

Wir passieren einige Reservate und historische Stätten der „First Americans“. Hier erfahren wir immer wieder, wie übel den „First Americans“ mitgespielt wurde. In was für einer ungerechten und grausamen Welt wir leben!

Mit Rugby liegt der geographische Mittelpunkt Nordamerikas auf unserer Strecke. Das Prairie Village & Museum hat leider noch geschlossen, aber viele Volunteers werkeln und räumen für die Eröffnung am Memorials Day auf. Wir dürfen deshalb einen Blick hineinwerfen.

Zum Abschluss des Tages machen wir einen Spaziergang durch Fort Totten, eines der Forts, die noch fast vollständig in ihrer alten Pracht zu sehen sind. Aber auch hier wird erst am Memorial Day wieder Leben einkehren.


Wir übernachten in Grand Fork, einer Stadt, die 1997 wegen einer großen Überschwemmung des Red Rivers komplett evakuiert wurde. Wochenlang konnte niemand zurückkehren während die Aufräumarbeiten andauerten.

Heute sieht alles wieder wie neu aus. Grand Fork kann noch mit einer weiteren Erfolgsgeschichte aufwarten. Im wirtschaftlich schwierigen Jahr 1897 stockte der Mehlverkauf. Die Lösung war die Entwicklung einer Art Porridge „Cream of Wheat“ aus Weizenkeimen, ein Abfallprodukt der Mehlproduktion, der zum Verkaufsschlager schlechthin wurde. Auch der Zuckerrübenanbau machte die Region reich.

Mit dem Red River überqueren wir die Grenze zwischen North Dakota und Minnesota.

“Ungepflügte Prärie” gibt es kaum noch. Auf über 1600 km haben wir eine einzige Kulturlandschaft erlebt mit Farmhäusern, die wie Inseln in den riesigen Anbauflächen wirken.

Ein kleines Stück bei Fisher wird als „Prärie Preserve“ verkauft!

Wir hatten eine große Fläche erwartet, aber es war nur ein kleines Stück Land. Alles rundum ist bewirtschaftet und die ursprüngliche Prärie, die wir nostalgisch aus den Western vor uns sehen, gibt es nicht mehr.

Ab Fosston ändert sich die Landschaft, es wird hügeliger und plötzlich entdecken wir Büsche, Seen und später Wälder.

Wir verlassen die US-2 und fahren in den Itasca State Park. Hier entspringt der Mississippi und beginnt die Great River Road, deren mittleren und südlichen Abschnitt wir 2023 befahren haben. Hier an der Quelle dieses mächtigen Flusses zu stehen ist für uns ein erhebender Moment.

Eine Wanderung durch die Seenlandschaft bringt uns nach dem langen Sitzen wieder in Schwung.

In Bemidji landen wir im Paradies. Der Name „Ojibwe Buh-mid-ji-ga-maug“ bedeutet „See mit sich kreuzenden Gewässern“. Der Mississippi fließt durch den See. Unsere Lodge Ruttger’s Birchmont, direkt am See gelegen, lässt uns alle Müdigkeit vergessen. Unser Zimmer hat Seeblick, eine kleine Terrasse und später werden wir im Hotelrestaurant köstlich mit Fisch und Wildreis verwöhnt.

Die Etappe von Bemidji nach Grand Rapids führt uns auf der Great River Road an mindestens sechs der 10.000 Seen Minnesotas vorbei und immer am Mississippi entlang, zum Beispiel am Lake Winnibigoshish.

Wir genießen den Sonnenschein, hier hält der Frühling Einzug. Die Narzissen blühen. An diesem Wochenende sind die Hotels ausgebucht und wir fragen uns, was der Grund ist. Wir haben die Erklärung gehört! Die Angelsaison hat begonnen und jeder, der es kaum erwarten konnte, wollte dabei sein. Auch wir entdecken Angler am Mississippi.

Grand Rapids entpuppt sich als nettes Städtchen. Eine Attraktion ist das Judy Garland Museum. Obwohl wir rechtzeitig vor Dienstschluss da waren, war das Museum schon geschlossen. So konnten wir das berühmte Kostüm aus “Der Zauberer von Oz” und die “Ruby Slippers” nicht bewundern.

In Grand Rapids übernachten wir in einem zauberhaften AirbnB am Rande der Stadt (s.u.).

Die Great River River Road lässt uns nicht los und wir gondeln weiter am Mississippi entlang.

In Cloquet suchen wir die R.W. Lindholm Service Station auf, die einzige Tankstelle, die Frank Loyd Wright entworfen hat. Heute ist sie geschlossen und sie müsste dringend restauriert werden. Aber der Entwurf ist genial.

Unser heutiges Ziel ist Duluth, die viertgrößte Stadt Minnesotas am Lake Superior. Doch zunächst fahren wir über den sogenannten Skyline Parkway (ca. 80 Meilen) nach Norden, immer mit Blick auf die Stadt Duluth oder den See.

Unser Ziel sind die Gooseberry Falls, ein Fluss, der sich über 5 Stufen mächtig und beeindruckend in den Lake Superior ergießt.

Die braune Farbe ist übrigens kein Schlamm, sondern stammt von dem eisenoxydhaltigen Gestein, durch den das Wasser fließt. Bisher war alles sehr einsam. Offensichtlich sind die Gooseberry Falls ein Touristenziel. Viele Menschen steuern heute diese Falls an. Ein Spaziergang entlang macht auch uns Spaß.

Die Fahrt am späten Nachmittag entlang des Lake Superior zaubert glitzernde Wasserflächen und stimmungsvolle Wolkenbilder – das lässt Peters Fotografenherz höher schlagen!

Wir waren sehr neugierig auf Duluth, die größte amerikanische Stadt am Lake Superior. Der Atlantische Ozean ist 2300 Meilen (3700 km) entfernt, doch der “Great Lakes Waterway” erreicht über die Seen und Schleusen den Sankt-Lorenz-Strom. Damit ist Duluth der westlichste Atlantikhafen! Wir können es uns kaum vorstellen. Aber da wir die Strecke auf der Straße zurücklegen, werden wir es verstehen lernen. Duluth gefällt uns sehr. Das alte, renovierte Hafenviertel mit seinen Lagerhäusern erinnert uns mit seinen Restaurants und kleinen Läden an Hamburg. Beeindruckt sind wir von der „Aireal Lift Bridge“.

Abends genießen wir die nette Ausgehatmosphäre. Im Boat Club Restaurant mit Blick auf den Lake Superior werden wir fürstlich verwöhnt.

Besonders lustig ist ein Spaziergang vorbei an der Blacklist Brewing Co. Hier kann man sich im Axtwerfen üben. Statt mit Dartpfeilen wird mit scharfen Äxten auf eine Zielscheibe geworfen. Was für ein Spaß!

Die US 2 führt uns ein kleines Stück durch Wisconsin, entlang am rauen Ufer des nördlichen Lake Superior. Beide, die Stadt Superior, die Nachbarstadt von Duluth, und Duluth selbst sind stolz darauf, die verkehrsreichsten Häfen des Landes zu beherbergen. Unsere anschließende Fahrt, nun nicht mehr auf der US 2, sondern auf dem Highway 13 entlang des Ufers des Lake Superior, belohnt uns mit unschlagbaren Ausblicken auf den weitläufigen See oder auf Baumhaine. Wir sind verzaubert.

Unser Ziel ist Bayfield. Hier verbringen wir 2 Nächte im Old Rittenhouse, einem „Landmarkhouse“.

Das war mein Wunsch, da hier ein Gourmetrestaurant angeschlossen ist. Leider hatte es Sonntag/Montagabend geschlossen und das 5-Gänge-Menü entfiel. Das Haus war dennoch perfekt. Unser Zimmer, Ballroom genannt, war riesig und wunderschön mit Antiquitäten eingerichtet. Weniger kulinarisch, doch mit mehr Happening und Spaß, gefallen uns die Kneipen in Bayfield.

Vor Bayfield liegen 22 kleine Inseln, die Apostel Islands. Wir tuckern mit der Fähre nach Madeline Island. Das Wetter ist bedeckt und es nieselt zeitweise. Alles auf der Insel wirkt verschlafen.

Auch hier beginnt die Saison erst am Memorial Day. Im einzigen geöffneten Café der Insel haben sich alle versammelt und der neueste Klatsch und Tratsch wird ausgetauscht. Auch wir werden neugierig beäugt. Auf dem Rückweg scheint sogar die Sonne. Die zwei Tage haben wir genossen.

Empfehlenswerte Unterkünfte

  • Ruttger’s Birchmont Loge in Bemidji (https://ruttgersbemidji.com/)
  • AirBnB in Grand Rapids von Rebekah Amstutz
  • Old Rittenhouse Inn in Bayfield (https://www.rittenhouseinn.com/)

Fotogalerie:

Tag 9-11: Great Plains

Tag 11-13: Great River Road – Lake Superior

Tag 13-17: Lake Superior – UP

2 Kommentare

  1. Die Himmel- und Wolkenbilder sind großartig 🙂

    1. Liebe Anke, das stimmt. Es kommen noch mehr! Viele Grüße, Regina

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