Agrigent und Valle dei Templi
Wenn man vom heutigen Agrigent aus auf die Tempel im Tal blickt, weiß man, dass es sich um das sogenannte Tal der Tempeln handelt.

Vor mehr als 2500 Jahren wurden die Tempel auf einem Bergrücken nahe der sizilianischen Südküste errichtet. Vom Meer aus waren sie weithin sichtbar. Das muss sehr beeindruckend gewesen sein. Die Tempel sind die Überreste der antiken Stadt Akragas. Akragas wurde 582 v. Chr. von griechischen Siedlern gegründet. Durch die gewonnene Schlacht bei Himera „verdonnerten“ die Griechen die Kriegsgefangenen dazu, beim Bau von Akragas kräftig mit anzupacken. Nur so konnte in kürzester Zeit diese noch heute sichtbare Pracht entstehen.
Lassen wir Goethe sprechen. Auf seiner Italienreise 1787 kam er ins Tal. Offensichtlich war er mit einem Führer unterwegs:
„Mit Sonnenaufgang wandelten wir nun hinunter, wo sich bei jedem Schritt die Umgebung malerischer anließ. Mit dem Bewußtsein, daß es zu unserm Besten gereiche, führte uns der kleine Mann unaufhaltsam quer durch die reiche Vegetation an tausend Einzelheiten vorüber, wovon jede das Lokal zu idyllischen Szenen darbot. Hierzu trägt die Ungleichheit des Bodens gar vieles bei, der sich wellenförmig über verborgene Ruinen hinbewegt, die um so eher mit fruchtbarer Erde überdeckt werden konnten, als die vormaligen Gebäude aus einem leichten Muscheltuff bestanden. Und so gelangten wir an das östliche Ende der Stadt, wo die Trümmer des Junotempels jährlich mehr verfallen, weil eben der lockre Stein von Luft und Witterung aufgezehrt wird.“ (Goethe, Italienische Reise, S. 274-275, C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, 9. Auflagen, München 1978).
Am Morgen, leider nicht bei Sonnenaufgang, steigen wir zum Juno-Tempel hinab. Auch wir entdecken die üppige mediterrane Vegetation, die den Hang bedeckt.


Leider führt jetzt eine vielbefahrene Straße mit einem Gehweg entlang, so dass alles laut und hektisch statt malerisch wirkt. Am Fuße des Juno-Tempels angekommen, müssen wir uns erst um Eintrittskarten kümmern, bevor wir hinaufsteigen können.

Gibt es hier auch Leser*innen aus Dortmund? Vielleicht habt ihr den Junotempel von Caspar David Friedrich gesehen. Das Bild hängt im Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Caspar David Friedrich hat es gemalt, obwohl er nie in Sizilien war. Tatsächlich erinnert uns der Juno-Tempel an das berühmte Gemälde.
Ihr seht, die Spuren der Vergangenheit leben in vielfältiger Weise in unserer Kultur weiter. Jetzt stehen wir selbst vor diesem Tempel. Wir sind fasziniert, er ist wirklich beeindruckend. Im Gegensatz zu den Tempeln in Athen, die aus Marmor gebaut sind, sind die Tempel hier aus Kalkstein gebaut. Deshalb sind sie viel zerbrechlicher und fragiler.



Entlang der alten Stadtmauer geht es weiter zum gut erhaltenen Concordia-Tempel. Dieser Tempel diente jahrhundertelang als christliche Kirche. Im Jahre 1748 wurde er entweiht und danach weitgehend in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt.



Dann kommen wir zum Tempel der Superlative, dem Zeustempel. Er wurde 406 v. Chr. zerstört, als er noch im Bau war. Er sollte alle anderen Tempel der griechischen Welt an Größe und Ausstattung in den Schatten stellen. Heute stehen wir vor den imposanten Ruinen.



Architrave und Giebel sollen auf Telemonen, Stützfiguren, gestanden haben. Überall sind noch Reste davon zu sehen. Einer liegt vor dem Tempel, ein anderer, der ein wenig wie ein überdimensionales Michelin-Männchen aussieht, wurde unweit des Tempels zusammengesetzt.
Nicht weit vom Zeustempel entfernt befindet sich der Heraklestempel. Auch hier stehen nur noch ein paar Säulen.

Der Dioskurentempel, ein vergleichsweise kleiner Tempel, der auch mit Demeter und ihrer Tochter Ceres in Verbindung gebracht wird, ist nicht mehr ganz so spektakulär. Trotzdem hat er eine große Symbolkraft, gilt er doch als Wahrzeichen von Agrigent.

Im Graben dahinter öffnet sich ein zauberhafter Garten, der von oben zu sehen ist. An den Bäumen hängen fast reife Orangen und Zitronen.

In der Altstadt von Agrigent lohnt ein Spaziergang durch die Via Atena. Hier kann man immer wieder durch die Häuserlücken das Tal der Tempel sehen. Wenn man es durchschritten hat, weiß man, welcher Tempel jeweils zu sehen ist.



Weiter geht es durch Gassen und über Treppen zum Monastero de Santo Spirito. Am Sonntag erstrahlt die Abbazia di Santo Spirito in vollem Glanz. Sie ist auf vielfältige Weise beleuchtet.



Nach dem Gottesdienst wird das Licht schnell wieder ausgeschaltet und alles wird grau in grau.
Der Kreuzgang mit dem angeschlossenen Museum verzaubert uns.






Leider ist die Kathedrale S. Gerlando für einige Wochen geschlossen.


Dafür ist die imposante Kirche Maria dei Greci zugänglich, die im 12. Jh. auf den Grundmauern eines Tempels, vermutlich eines Athenatempels aus dem 5. Jh. v. Chr. erbaut wurde.
An der Nordseite der Kirche sind unterhalb des Kirchenniveaus Teile der ausgegrabenen Krepis und sechs dorische Säulenstümpfe des Athenatempels zu sehen.
Der Grundriss der Kirche hat die Form eines griechischen Kreuzes. Der Innenraum ist dreischiffig.



Tipps:
- Übernachten: PortAtenea
- Essen: Nuccio Ristaurante und Sal8.